Das Außenlager des KZ Dachau in Überlingen: Vernichtung durch Arbeit für die Rüstungsindustrie am Bodensee
Der Bodensee – das ist nicht nur ein idyllisches Ausflugsziel und Anbaugebiet von Obst und Gemüse, sondern auch Waffen kommen vom Bodensee. 26 Firmen zählt die Initiative „Keine Waffen vom Bodensee“ auf. Und diese Waffenproduktion am See hat eine düstere, teils kontinuierliche Geschichte. Als Heimat des Zeppelins war Friedrichshafen Produktionsstätte von Rüstungsgütern schon im Ersten Weltkrieg. Im Zweiten Weltkrieg wurde im nahegelegenen Überlingen eine Außenstelle des KZ Dachau errichtet, deren Insassen einen Stollen zum Schutz der Friedrichshafener Rüstungsindustrie vor Luftangriffen graben mussten. Was von September 1944 bis April 1945 im Überlinger Lager geschah, muss als „Vernichtung durch Arbeit“ bezeichnet werden, sagt Jürgen Weber. Er hat sich bereits vor Jahren mit dem Lager beschäftigt und zusammen mit Stephan Kern den Film „Wie Dachau an den See kam“ produziert. Wir haben mit ihm über das Lager gesprochen.
Hier zum Interview mit Filmemacher Jürgen Weber:
Anhören · 10:00 Playlist
DVD zum Thema:
„Wie Dachau an den See kam…“
Dokumentarfilm, 45 Minuten, 1995 von Stephan Kern und Jürgen Weber
mit den Kurzfilmen
„Beppe Berruto – einer von uns“
11 Minuten, 2005
„Fluchtwege“
16 Minuten, 1994
ISBN 978-3-941584-95-2
EUR 15,-
DVD erschienen bei Querwege® (c) 2017
Inhalt:
„Wie Dachau an den See kam …“ zeichnet mit Aussagen zweier ehemaliger Häftlinge, mit den Erinnerungen von damals jungen Menschen aus Überlingen und mit Fachleuten die Geschichte des Überlinger Außenlagers des KZ Dachau nach. Von Oktober 1944 bis April 1945 mussten rund 800 Häftlinge einen Stollen in den Molassefelsen treiben um die Friedrichshafener Rüstungsindustrie am Bodensee „bombensicher“ unterzubringen.
Die Autoren des Films von 1995 sind Stephan Kern (✝) und Jürgen Weber.
„Beppe Berruto – einer von uns“ ist ein Kurzfilm, der an den italienischen KZ-Häftling erinnert. Der Bauzeichner wurde 1944 als junger Antifaschist von deutschen Besatzungstruppen an seinem Arbeitsplatz bei der Turiner Stromversorgung verhaftet, überlebte die Haft im berüchtigten SS-Kommando im „Albergo Nazionale di Torino“, wurde nach Deutschland deportiert und im April 1945 im KZ Dachau befreit. Beppe Berruto starb 2004 und war zuvor immer wieder Gast der Gedenkveranstaltungen für die Überlinger KZ-Opfer auf dem Friedhof Birnau.
Der Kurzfilm zu seinem Gedenkenist von Jürgen Weber.
„Fluchtwege“ in der Deutsch-Schweizer Grenzregion am Bodensee retteten auch zwei Überlinger Häftlinge.
Der Empfang der Behörden auf Schweizer Seite war aber selten ein freundlicher. Davon berichtet das Feature „Fluchtwege“. Schwierigkeiten bei der Aufnahme gab es für Flüchtlinge schon immer. Egal ob für jüdische Flüchtlinge während des Nationalsozialismus in der Schweiz oder für kurdische in den 1990er Jahren in der Bodenseeregion.
Das Feature ist aber auch heute noch erschreckend aktuell. Der Kurzfilm von Katrin Brüggemann und Jürgen Weber entstand 1994.